New-Country-Start-ups

Modellpalette VinFast
(Mit freundlicher Genehmigung/Courtesy of VinFast Germany GmbH [Homepage])

Management Summary

Auch in Ländern, in denen bisher keine eigene Autoindustrie bzw. Automarken existieren, gibt es BEV-Start-ups. 

In Vietnam erfolgte die Gründung der Marke VinFast auf Initiative eines Privatunternehmers, alle anderen neuen BEV-Marken wurden auf Betreiben der politischen Administration des jeweiligen Landes ins Leben gerufen. Dazu gehören Togg-Auto in der Türkei, Izera in Polen sowie Ceer in Saudi-Arabien

Am weitesten fortgeschritten bezüglich BEV-Entwicklung und Vertrieb ist VinFast. In 2022 verkaufte das Unternehmen knapp 23.000 Fahrzeuge in Vietnam, auch in Europa und den USA werden Vertriebsorganisationen aufgebaut. Allerdings liegt Vinfast mit dieser Stückzahl noch deutlich hinter den BEV-Wettbewerbern aus China und den USA, eine signifikante Steigerung ist nur über den Export möglich. Wir sind gespannt, ob VinFast dies in der Zukunft gelingen wird. 

Togg-Auto hat bereits ein BEV-Modell entwickelt, die Serienproduktion soll demnächst gestartet werden. Seit März 2023 ist der Online-Vertriebskanal freigeschaltet, innerhalb von 12 Tagen wurden knapp 180.000 Fahrzeuge vorbestelltFür den weiteren Erfolg ist das möglichst störungsfreie Hochfahren der Produktion entscheidend, der Schlüssel für einen langfristigen Erfolg liegt auch hier im Export.

Izera hat bereits BEV-Vorserienmodelle entwickelt, der ursprünglich für 2023 angesetzte Produktionsstart kann aber nicht gehalten werden. Gründe könnten eine mangelnde Finanzierung oder ein noch nicht serienreif entwickeltes Produkt sein. 

Mittlerweile hat Izera die sogenannte Sustainable Experience Architecture (SEA) von Geely lizenziert, was ein Redesign der Vorserienmodelle erforderlich macht. Die Produktion soll jetzt erst 2025 starten, damit hat Izera auf dem BEV-Markt nach unserer Einschätzung nur noch geringe Chancen .

Ceer hat bisher noch kein BEV-Modell entwickelt, verfügt aber mit dem saudi-arabischen Staatsfonds aber über sehr finanzstarke Investoren. Die Entwicklung wurde erst vor Kurzem gestartet, die Produktion ist für 2025 angekündigt. Den politischen Willen vorausgesetzt, kann Ceer auch mit sehr hohen Investitionskosten lange überleben, ob sich dabei jemals ein tragfähiges Geschäftsmodell etablieren lässt, bleibt abzuwarten.    

Vietnam

VinFast-Modell VF8 
(Mit freundlicher Genehmigung/Courtesy of VinFast Germany GmbH [Homepage])

VinFast-Modell VF9
(Mit freundlicher Genehmigung/Courtesy of VinFast Germany GmbH [Homepage])

VinFast wurde 2017 von Pham Nhat Vuong gegründet, der vorher sehr erfolgreich in der Ukraine in der Lebensmittelbranche tätig war und anschließend  den Mischkonzern Vingroup in Vietnam aufgebaut hat. VinFast ist eng mit deutschen Zulieferern verknüpft, was vor allem dem ehemaligen BMW-Manager Quang-Hue Vo und seinen guten Kontakten zur deutschen Automobilindustrie zu verdanken ist. 

VinFast begann zunächst mit der Produktion von Verbrenner-Fahrzeugen mit BMW-Technologie; mittlerweile entwickelt das Unternehmen eigene Batterie-elektrische SUV-Modelle, die ab 2023 auch in Deutschland vertrieben werden sollen. Für die Batterie- und Zellproduktion hat die Vingroup ein eigenes Tochterunternehmen namens VinES gegründet, bei der Zellproduktion kooperiert VinES mit dem chinesischen Zellhersteller und VW-Partner Gotion.

Türkei

Togg Modell T10X  
(Mit freundlicher Genehmigung/Courtesy of Türkiye’nin Otomobili Girişim Grubu Sanayi ve Ticaret A.Ş [Homepage])

Innenraumdesign T10X
(Mit freundlicher Genehmigung/Courtesy of  Türkiye’nin Otomobili Girişim Grubu Sanayi ve Ticaret A.Ş [Homepage])

Das türkisches BEV-Start-up Togg-Auto wurde 2018 auf Initiative von Präsident Erdoğan gegründet; der Name ist eine Abkürzung für Türkiye’nin Otomobili Girişim Grubu, was sich als „Türkische Automobil Joint-Venture Gruppe“ übersetzen lässt.

Als erstes Modell hat Togg Auto einen mittelgroßen SUV namens T10X entwickelt, wobei das Design von Pininfarina stammt. Das Fahrzeug kann bereits seit dem 16.03.2023 über die Togg-Homepage reserviert werden, innerhalb von 12 Tagen wurden bereits ~177.500 Fahrzeuge vorbestellt. Für die Zell- und Batterieproduktion hat Togg-Auto zusammen mit Farasis das Battery-Joint-Venture Siro gegründet, geplant ist die Produktion klassischer NMC-Zellen im Pouch-Format. 

Polen

Izera Fließheckmodell – Exterieur  
(Mit freundlicher Genehmigung/Courtesy of ElectroMobility Poland S.A. [For Media])

Izera Fließheckmodell – Interieur   
(Mit freundlicher Genehmigung/Courtesy of ElectroMobility Poland S.A. [Homepage])

Izera ist ein polnisches BEV-Start-up, das von dem Staatsunternehmen ElectroMobility Poland gegründet wurde. ElectroMobility Poland entstand durch den Zusammenschluss mehrerer staatlicher Energieunternehmen, alle diese Aktivitäten wurden durch polnische Regierungskreise initiiert. Ziel ist die Stärkung der polnische Automobilindustrie sowie der Aufbau einer eigenen BEV-Marke für Pkws.        

An der Entwicklung ist der deutsche Entwicklungsdienstleister EDAG beteiligt, für das Design wurde die italienische Firma Torino Design beauftragt. Im Juli 2020 wurden die ersten beiden Modelle vorgestellt, die vor allem den polnischen Mittelstand adressieren sollen. Gezeigt wurden eine Fließheckmodell sowie ein mittelgroßer SUV, die laut Ankündigung mit 2 Batteriegrößen und einer maximalen Reichweite von 400 km verkauft werden sollen. 

Der ursprünglich für 2023 angesetzte Produktionsstart kann wohl nicht gehalten werden, Gründe könnten eine mangelnde Finanzierung und/oder ein noch nicht serienreif entwickeltes Produkt sein. Die Produktion soll jetzt erst Ende 2025 starten. 

Passend dazu gab es im November 2022 eine Pressemeldung zur Lizensierung der sogenannten Sustainable Experience Architecture (SEA) der chinesischen Geely-Gruppe, die eine Überarbeitung der bisherigen Entwicklungsmodelle erfordert. 

Die SEA enthält ein komplettes Chassis inklusive HV-Batterie und Antriebselektronik und ist in verschiedenen Konfigurationen verfügbar. Zell-Lieferant für die SEA-Plattform ist CATL, weshalb wir vermuten, dass auch bei Izera CATL-Zellen verbaut werden sollen. 

Saudi-Arabien

Ceer ist ein saudi-arabisches BEV-Start-up, das auf Initiative des saudi-arabischen Königshauses ins Leben gerufen wurde. Ursprünglich war die Ansiedlung eines Tesla-Werks in Saudi-Arabien geplant, dies scheiterte aber an Meinungsverschiedenheiten zwischen Elon Musk und einem saudischen Investmentfonds, der ein großes Aktienpaket von Tesla besaß. 

Die Gründung von Ceer ist Teil einer großen Initiative zur Transformation der saudi-arabischen Wirtschaft, die von einer Erdöl-basierten Industrie zu einer nachhaltigeren und CO2-freien Industrie umgebaut werden soll. 

Das bekannteste und sicherlich auch ambitionierteste Projekt dieser Initiative ist ist die Planstadt „The Line“, die sich als ein 170 km langes Band durch die Wüste ziehen wird. In der finalen Ausbaustufe soll die Stadt eine neue Heimat für 9 Millionen Menschen bieten, trotz dieser Ausmaße wird die Stadt ohne Autos und Straßen geplant. 

An dem Start-up Ceer sind auch ausländische Investoren wie z.B. der Auftrags-Fertiger Foxconn beteiligt. In Summe sollen 150 Millionen $ von ausländischen Investoren eingeworben werden. Es wird erwartet, dass die Neugründung bis 2030 zu 30.000 Arbeitsplätzen bei Ceer bzw. Ceer-Lieferanten führen wird.  

Entwicklungspartner von Ceer ist BMW, welcher Lizenzen für seine Fahrzeugtechnologien bereitstellt. CEO ist James DeLuca, der auf eine langjährige Karriere in der Automobilindustrie zurückblicken kann, er verantwortete unter anderem die weltweite Produktion bei General Motors und war der erste CEO des vietnamesischen BEV-Start-ups VinFast. Hier gibt es eine gewisse Parallele, weil auch VinFast in seinen Verbrenner-Modellen BMW-Technologie eingesetzt hatte. 

Die Serienproduktion soll 2025 in der Stadt „King Abdullah Economic City“ starten, konkrete Details sind noch nicht verfügbar.