Die Tesla-Story

Tesla Model 3   
(Mit freundlicher Genehmigung/Courtesy of Pixabay [tesla-5937063__340.jpg])

Management Summary

Im 1. Quartal 2023 geschah etwas außerordentliches: erstmals in der über hundertjährigen Geschichte des Automobilbaus überholte ein Elektroauto ein Verbrennerfahrzeug und sicherte sich damit den Platz 1 in der weltweiten VerkaufsstatistikMit diesem beispiellosen Erfolg des Model Y hat Tesla einen weiteren Gipfel in seiner erst 15-jährigen Firmengeschichte erklommen. 

Eine weitere Sensation wurde im 2. Quartal 2023 zuerst von Ford und dann von General Motors verkündet: Beide Traditionshersteller wollen in den USA zukünftig das Ladenetzwerk von Tesla nutzen und Ihre Fahrzeuge mit Tesla-Steckdosen ausstatten, weil das Tesla-Netzwerk in den USA die beste Abdeckung hat und die höchste Zuverlässigkeit bietet. Wie im Bittgang von Canossa zollen die beiden Automobil-Ikonen damit dem neuen Elektroauto-„Papst“ Elon Musk Ihren Tribut. 

Elon Musk kann damit zurecht als der Henry Ford des 22. Jahrhunderts bezeichnet werden, weil er die Massenproduktion des Elektroautos quasi im Alleingang vorangetrieben hat; das Model Y ist dementsprechend das T-Modell dieses Jahrhunderts. 

Das Interessante daran ist, das Elon Musk ursprünglich gar nicht aus der Automobilbranche kommt, weder der Erfinder des Elektroautos noch der Gründer von Tesla ist. Dennoch hat er es geschafft, das Elektroauto komplett neu zu aufzustellen: Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb gibt es seit mehr als 100 Jahren, allerdings wurden diese von anderen Herstellern eher als „ökologisch korrekt, aber bieder“ positioniert. Teslas Modelle wurden von Anfang an als „sexy, cool und sportlich“ vermarktet, der Vorteil des Elektroantriebs mit seiner starken Beschleunigung deutlich herausgestellt. Motto: Spaß haben beim Autofahren und umweltbewusstes Verhalten sind kein Widerspruch.

Tesla ist dabei das erste erfolgreiche Auto-Start-Up aus dem Silicon-Valley. Vor Tesla wurden hier bevorzugt IT-Start-ups gegründet, davon die Mehrzahl mit dem Fokus auf Software. Die Automobilindustrie war dagegen insbesondere in den USA als Old Economy verschrien. Elon Musk hat gezeigt, dass Neugründungen auch in einer reifen Industrie gelingen können, wenn ein disruptiver Technologieumbruch ansteht und man sich als Start-up ausschließlich auf die neue Technologie fokussiert. Dadurch wurde ein radikaler Paradigmenwechsel angestoßen und der angestaubten Autoindustrie der Silicon-Valley-Spirit eingehaucht.

Der Erfolg von Tesla ist kein Zufall sondern Ergebnis einer sehr präzise geplanten Erfolgsstrategie. Zu dieser Erfolgsstrategie gehört unter anderem eben auch, selber ein Ladenetzwerk aufzubauen, um das Henne-Ei-Problem „kein Geschäft mit Elektroautos ohne Ladesäulen“ bzw. kein Geschäft mit Ladesäulen ohne Elektroautos“ zu lösen. Während die anderen Automobilhersteller noch vor sich hin dämmerten bzw. in Ihren Silo-Denken daraufhin wiesen, das die Stromkonzerne für den Aufbau von Ladesäulen verantwortlich seien, schuf Tesla Fakten und überzog seine Zielmärkte mit einem dichten Netz an Schnellladestationen.

Teslas Einfluss auf die Automobilindustrie kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Durch seinen beispiellosen Erfolg hat Tesla weltweit einen regelrechten Tsunami von Elektroautos-Start-ups ausgelöst. Aber auch die etablierten Hersteller haben längst reagiert und bauen Ihre Traditionsmarken zu Elektroautomarken um oder gründen neue Marken. Insbesondere in China sind eine Vielzahl neuer Start-ups und Marken entstanden, der Wettbewerb um die Kunden wird hier besonders intensiv geführt.  

Interessant ist auch die Sicht auf Tesla im Wandel der Zeit. Zu Beginn eher belächelt, hieß es nach Entwicklung des Model S immerhin „ganz ordentliches Fahrzeug, aber er schreibt ja rote Zahlen“. Die Wahrnehmung drehte sich, als die Produktion des Volumenmodells Model 3 startete, weitere Werke in den USA und China eröffnet und erstmals positive Quartalszahlen erzielt werden konnten. Als Mazda-Ingenieure in Japan ein Model 3 zerlegten und die zentralen Computer-Steuereinheiten analysierten, wurde allen Playern in der Automobilindustrie klar, dass Tesla ein High-Tech ITUnternehmen ist und die Tesla-Modelle rollende Computer mit Elektroantrieb darstellen.

Bei allen diesem Erfolg von Tesla und dem Hype um Elon Musk stellt sich natürlich die Frage: Kann Elon Musk über Wasser laufen? Gelingt ihm einfach alles? Sicherlich nicht. Wie die meisten Start-ups musste auch Tesla bereits mit technischen Problemen und Liquiditätsengpässen kämpfen, dank einer sehr effizienten Produktion der Volumenmodelle 3 und Y sind die finanziellen Herausforderungen mittlerweile gelöst. Zu den noch offenen Problemen gehören Qualitätsmängel wie schlechte Spaltmaße und jahrelange Verzögerung bei neuen Modellen wie dem Cyber Truck. 

Ein schwerwiegendes Sicherheitsproblem hat Tesla mit seinem vollmundig als Full Self Driving (FSD) bezeichneten Fahrassistenzsystem. Das System neigt zu Fehlbremsungen und hat in den USA bereits tödliche Unfälle verursacht, wobei auch ein Missbrauch durch die Fahrer nicht ausgeschlossen ist. Aktuell bietet FSD nur eine Unterstützung für Level-2-Fahren, soll mittelfristig aber auch für das autonome Fahren nach Level-3-5-eingesetzt werden

Tesla ist der einzige Hersteller, der dabei aus Kostengründen auf ein rein video-basiertes System setzt, alle anderen Hersteller wie z.B. GM, Mercedes, NIO und Xpeng nutzen ab Level-3-Fahren zusätzliche, redundante Sensoren wie Radar und Lidar. 

Wir sind sehr gespannt, ob diese riskante Strategie von Tesla aufgeht.    

Über die Zukunft von Tesla können auch wir nur spekulieren. Dank permanenter Kostenoptimierung scheint Tesla aktuell eine sehr hohe Gewinnmarge bei den Volumenmodellen zu haben, die auch Preissenkungen in größerem Umfang ermöglicht. Damit hat Tesla eine wichtige Stellschraube in der Hand, um die Wettbewerber auf Abstand zu halten. Dennoch holen diese auf, bzgl. verkaufter Limousinen hat BYD Tesla auf dem chinesischen Heimatmarkt bereits deutlich überholt. Bei den SUVs liegt noch Tesla vorne, wobei BYD in 2023 deutlich höhere Wachstumsraten aufweist.

Wie auch immer die Zukunft von Tesla aussehen wird: 

Elon Musk hat sich bereits heute als der Entrepreneur in die Geschichtsbücher eingeschrieben, der der Automobilindustrie einen entscheidenden Impuls in Richtung einer nachhaltigeren und CO2-freien Mobilität gegeben hat.

Die Firmengeschichte von Tesla

Gegründet wurde Tesla 2003 von Martin Eberhard und Marc Tarpenning in San Carlos im Silicon Valley in Kalifornien. Bei einer der 1. Finanzierungsrunden in 2004 beteiligte sich auch Elon Musk an dem Start-up, der zuvor 180 Millionen $ durch den Verkauf von Paypal eingenommen hatte. Nach und nach zog er die Kontrolle an dem Unternehmen an sich, so dass beide Tesla-Gründer 2008 ausstiegen. 

Abb. 1 – Tesla Roadster, aufgebaut auf Basis des Lotus Elise    
(Mit freundlicher Genehmigung/Courtesy of Wikimedia Common Sense unter GNU Free Documentation License, Version 1.2 or later)

Abb. 2 – Panasonic Rundzelle 18650
(Mit freundlicher Genehmigung/Courtesy of www.akkushop.de [Homepage])  

Für das erste Modell, den Tesla Roadster, erwarb das Entwicklungsteam ein existierendes Fahrzeug, einen Lotus Elise, und ersetze den Verbrenner-Antriebsstrang durch den selbst entwickelten elektrischen Antrieb (Abb. 1). Die Produktion wurde ausgelagert und erfolgte in Kleinserie im Werk von Lotus in England. 

Der Roadster kam 2008 auf dem Markt, in Summe wurden 2450 Fahrzeuge dieses Typs verkauft. Trotz vergleichsweise geringer Stückzahl konnte Tesla damit wichtige Erfahrungen im Feld mit Komponenten wie Elektromotor, Leistungselektronik und Batterie sammeln. 

Die Batterie wurde aus Lithium-Ionen-Rundzellen des Typ 18650 von Panasonic aufgebaut. Zellen dieses Formats werden auch heute noch in hoher Stückzahl produziert und in vielen anderen Produkten wie z.B. Laptops verbaut (Abb. 2). Die Zahl 18650 beschreibt die Zellgröße, die einen Durchmesser von 18 mm und eine Länge von 65 mm hat. 

In der Batterie des Raodsters sind 6831 Zellen dieses Typs verbaut.       

Abb. 3 – Tesla Model S
(Mit freundlicher Genehmigung/Courtesy of Tesla, Inc. [Homepage])  

Abb. 4 – Tesla Ladestation
(Mit freundlicher Genehmigung/Courtesy of Tesla, Inc. [Homepage]) 

Das erste, von Tesla vollständig selbst entwickelte Fahrzeug, das Model S, wurde 2012 der Öffentlichkeit vorgestellt (Abb. 3). Diese noch heute produzierte Oberklasse-Limousine hatte die für die damaligen Verhältnisse bahnbrechenden Reichweite von 500 km. Für die Produktion kaufte Tesla von GM und Toyota ein Produktionswerk in Fremont, das relativ nah bei dem Gründungsstandort San Carlos genau auf der anderen Seite der Bay Area liegt 

Parallel mit der Produktion des Model S startete Tesla auch den Aufbau des eigenen Ladenetzwerks (Abb. 4.). Während die Wettbewerber noch auf langsames AC-Laden und den innerstädtischen Verkehr setzen, waren die Ladestationen von Tesla von Anfang an als DC-Schnellladestationen konzipiert und wurden entlang der Hauptverkehrsachsen der USA mit Fokus auf den Langstreckenverkehr aufgebaut. 

Das Premium-SUV Model X erschien 2015 auf der Basis der Antriebstechnologie des Model SDas Model X  brachte Tesla an den Rand des Ruins, weil die Produktion der hinteren Flügeltüren extrem aufwendig ist und zu Beginn nur sehr geringe Stückzahlen gebaut werden konnten.

Abb. 5 – Tesla Model 3   
(Mit freundlicher Genehmigung/Courtesy of Pixabay [tesla-5937063__340)

Abb. 6 – Tesla Model Y
(Mit freundlicher Genehmigung/Courtesy of Tesla, Inc. [Homepage])

Das 1. Volumenmodell Model 3 kam 2018 auf den Markt (Abb. 5), auch hier wurde der Produktionsanlauf von Elon Musk als „Produktionshölle“ bezeichnet. Das Mid-Size-SUV-Modell Model Y folgte 2020 (Abb. 6), die Limousine Model 3 dient als technologische Basis.  

Produziert werden beide Modelle im Stammwerk in Fremont. Um das Produktionsvolumen zu erhöhen und die weltweite Nachfrage zu befriedigen, wurden nach und nach sogenannte Gigafactories in Asien, Nordamerika und Europa eröffnet. Im November 2019 startete das Werk in Shanghai mit der Produktion von Model 3 und Y, im März 2020 war der SOP (Start-of-Production) des Model Y in Austin/Texas und im März 2022 in Brandenburg/Berlin.

Weitere Modelle sind in der Pipeline bzw. kurz vor der Produktionsstart, so z.B. der sogenannte Cyber Truck und eine Zugmaschine für schwere LKW nach US-Gewichtsklasse 8 (15-36,2 t). Auch ein günstiges Modell für 25.000 € soll sich in der Entwicklung befinden, das Produktionswerk ist in Mexiko geplant. 

Tesla verfolgt von Beginn an eine sehr konsequente Zellstrategie und produziert seine Zellen entweder selbst oder bezieht diese von lokalen Lieferanten. Für die HV-Batterie nutzte zunächst Rundzellen mit verschiedenen Formaten und Zell-Chemie-Varianten. In den Modellen S und X werden 18650-Zellen, in den Modellen 3 und Y 2170-Zellen von Panasanic verbaut. Das chinesische Werk in Shanghai wird mit Zellen von LG Energy Solution beliefert, die auch direkt in China produziert werden. Der Umstieg auf die noch größeren Rundzellen im 4680-Format ist geplant, anscheinend können diese aber noch nicht in ausreichender Stückzahl produziert werden. Daher nutzt Tesla auch prismatische Zellen von CATL für die in Shanghai produzierten Basisvarianten von Model 3 und Y.

Eine zunächst völlig unterschätzte Kompetenz von Tesla betrifft das Thema Software. Als Entwickler von Paypal wusste Elon Musk natürlich von Anfang an um deren Bedeutung. Konsequenter Weise werden daher die zentralen Algorithmen für den Antriebsstrang und die Fahrerschnittstelle bei Tesla selbst programmiert und nicht wie bei den Wettbewerbern in Form von Steuergeräten von Zulieferern bezogen. 

Ähnlich innovativ verhält es sich mit dem Update der Software. Traditionelle Fahrzeughersteller können die Software in den Steuergeräten nur bei bei einem Werkstattaufenthalt des Autos updaten, dazu muss das Fahrzeug per Kabel an entsprechende Diagnosegeräte angeschlossen werden. Tesla setzt von Anfang an auf Over-the-Air-Updates (OTA) beim Kunden, was eine wesentliche effizientere Methode darstellt und den Werkstattbesuch erspart.     

Die Erfolgsstrategie von Tesla

Wieso konnte es Elon Musk gelingen, mehr oder weniger aus dem Stand ein so erfolgreiches Unternehmen aufzubauen? Wir haben hier die wesentlichen Elemente seiner Erfolgsstrategie zusammengefasst:   

(1) Fokussiere dich zunächst nur auf den Antriebsstrang, d.h. nimm ein Fahrzeug „von der Stange“ und ersetze den Verbrennungsmotor durch den elektrischen Antriebstrang (Tesla Roadster, Abb. 1).

(2) Baue die HV-Batterie aus Standard-Lithium-Ionen-Zellen auf (Rundzelle 18650, Abb. 2), konzentriere dich auf ein intelligentes Konzept zum Zusammenschalten der Zellen zu Moduln und den Moduln zu einer Batterie.

(3) Sorge durch Kooperationen mit Zellherstellern oder durch eigene Zellfabriken dafür, dass stets genügend Zellen für die Produktion der Batterien vorhanden sind. 

(4) Entwickle als erstes eigenes Fahrzeug ein Premium-Modell, weil sich damit mehr Geld verdienen lässt (Tesla Modell S, Abb. 3), getreu dem Motto „Large Cars, large Profit“.

(5) Bau dein eigenes Ladesystem auf, erwarte nicht, dass die Stromkonzerne das für dich tun. Löse damit das Henne-Ei-Problem „ohne Ladesäulen keine Elektroautos und umgekehrt“. Setze dabei von vorneherein auf DC-Schnellladen und nicht auf langsames AC-Laden.

(6) Plane in den ersten Jahren nicht mit einem Gewinn, dieser muss erst mit den Volumenbaureihen kommen (Tesla Model 3 und Y).

(7) Spare bei Vertrieb und Marketing. Verkauf die Fahrzeuge Online über die eigene Webseite, nutze Social Media für das Marketing.

(8) Entwickle die Software selber und nutze Over-the-Air-Updates, um Fehler zu beheben oder neue Features auszurollen. 

Einfluss auf die Automobilindustrie

Elon Musk hat damit nicht nur die etablierten Autohersteller beeinflusst, sondern auch einen regelrechten Tsunami von Neugründungen für Elektroautos ausgelöst:

Start-up-Welle durch Tesla-Nachahmer
Das erfolgreiche Tesla-Beispiel hat weltweit viele Entrepreneure ermutigt, eigene Elektroauto-Start-ups zu gründen, insbesondere in China, den USA, aber auch in Ländern ohne eigene Autoindustrie wie z. B. Vietnam. Sicherlich werden nicht alle Neugründungen erfolgreich sein, aber die Konkurrenzsituation für etablierte Pkw-Hersteller – aber auch für Tesla selbst – wird definitiv härter.
Tesla hat sozusagen den ersten Schuss auf die „Burg der Etablierten“ abgegeben und damit eine Bresche in die Mauer gesprengt. Die Nachahmer nutzen die Bresche und dringen in die Burg ein; die Schlacht um den Kunden wird definitiv härter.   

Start-up-Welle durch ehemalige Tesla-Mitarbeiter
Zum Markenkern und Erfolgskonzept des Silicon-Valley gehört, dass Führungskräfte bereits etablierter Firmen neue Start-ups gründen. Damit erfindet sich das Silicon Valley quasi immer wieder neu. Ein prominentes Beispiel ist die Firma Intel, die von acht ehemaligen Fairchild-Angestellten gegründet wurde. Fairchild wiederum wurde als Start-up von Führungskräften der Firma Shockley Semiconductor gestartet, die wiederum vom Erfinder des Transistors, William Shockley, gegründet wurde.

Mit Tesla widerholt sich diese Erfolgsgeschichte. Auch aus Tesla heraus gibt es Firmenneugründungen durch ehemalige Führungskräfte. 
 

Abb. 7 – Lucid Air Sapphire von Lucid Motors 
(Mit freundlicher Genehmigung/Courtesy of  Lucid Group Inc.[Media Room])

Abb. 8 – Skizze – Northvolt-Werk in Heide, Schleswig-Hollstein   
(Mit freundlicher Genehmigung/Courtesy of Northvolt AB [Press Kit])

 
(1) Der CEO von Lucid Motors, Peter Rawlins, ist der ehemalige Technische Leiter von Tesla. Mit dem Lucid Air (Abb. 7) konnte er jetzt technische Konzepte umsetzen, die ihm bei Tesla verwehrt wurden (große HV-Batterie, kompakte Antriebseinheit, etc.).
 
(2) Peter Carlsson, ehemals Tesla-Einkaufsleiter, und Paolo Cerruti, Ex Chief Operating Officer von Tesla, haben Northvolt gegründet, ein schwedisches Start-up für Lithium-Ionen-Zellen. Auch in Deutschand  ist ein Produktionswerk geplant, als Standort ist die Stadt Heide in Schleswig-Hollstein vorgesehen (Abb. 8). Zu den Kunden, die bereits Abnahmevereinbarungen mit Northvolt abgeschlossen haben, gehören renommierte Firmen wie BMW, Polestar, Scania, Volkswagen und Volvo Cars. 
 
(3) Jeffrey B. Straubel, vorher Chief Technology Officer bei Tesla, hat Redwood Materials gegründet, einer Firma, die sich dem Thema Recycling widmet und aus alten HV-Batterien wichtige Rohmaterialien wie Kobalt, Lithium und Nickel gewinnen will.

Sicht auf Tesla im Wandel der Zeit

Bemerkenswert ist, wie Tesla durch die Gesellschaft allgemein bzw. durch die Automobilindustrie wahrgenommen wurde. Die Rezeption weist über die Zeit deutliche Veränderungen auf, die auch bei anderen Start-ups wie z.B. Amazon beobachtet werden konnten.

Hieß es zu Beginn bei Amazon „die verkaufen ja nur Bücher“ bzw. dann „verkauft alles Mögliche, schreibt aber rote Zahlen“, drehte sich die Wahrnehmung völlig, als Amazon seine IT-Kompetenz im Cloud-Bereich in ein neues Geschäftsfeld auslagerte (AWS). Damit wurde klar, dass Amazon längst kein Buchladen mehr ist, sondern ein High-Tech-IT-Unternehmen mit angeschlossener Logistik. Gewinn und Aktienkurs von Amazon explodierten geradezu und die Reputation stieg nochmals an.

Ähnlich verlief es bei Tesla. Hier hieß es zu Beginn zum Tesla Roadster „die haben ja nur den Elektroantrieb eingebaut“, bzw. später beim Modell S „ganz ordentliches Modell, aber er schreibt ja rote Zahlen“. Als dann weitere Werke in den USA und China mit dem Volumenmodell Model 3 in Betrieb genommen wurde und die ersten positiven Quartalszahlen kamen, drehte sich die Wahrnehmung in Positive.  

Der Aha-Moment in der Autoindustrie war 2020, als Mazda-Ingenieure in Japan ein Tesla Model-3 zerlegten und die zentrale Computer-Steuereinheiten, die sogenannten Embedded Control Units (ECU), analysierten. Sie stellten fest, dass Tesla Modell 3

  • die zentrale ECU für Telematik und Assistenzsysteme inklusive der KI-Chips und der Software selbst herstellt,
  • in Summe mit viel weniger ECUs pro Fahrzeug auskommt,
  • Mazda aktuell nicht die Kompetenz und Ressourcen hätte, so eine hochintegrierte ECU selbst herzustellen.

Damit wurde allen Playern in der Automobilindustrie endgültig klar, dass Tesla ähnlich wie Amazon ein High-Tech ITUnternehmen ist und die Tesla-Modelle rollende Computer mit Elektroantrieb sind.

In Deutschland mit seiner international sehr erfolgreichen und renommierten Automobilindustrie änderte sich die Wahrnehmung spätestens am 12.09.2019 mit der Ankündigung von Elon Musk, in Brandenburg ein Produktionswerk zu errichten. 

Kann Elon Musk über Wasser laufen?

Kann Elon Musk über Wasser laufen? Gelingt ihm einfach alles? Sicherlich nicht. Auch Tesla hat in seiner noch kurzen Geschichte mit einigen Herausforderungen zu kämpfen. Ein gravierendes Problem hat Tesla mit seinem Fahrassistenzsystem Full Self Driving (FSD).  

(1) FDS steht im Verdacht, tödliche Unfälle ausgelöst zu haben 

In den USA laufen Untersuchungen zu tödlichen Unfällen, die durch Fehlbremsungen des Assistenzsystems FSD verursacht sein sollen. In Deutschland wurde Tesla 2022 vom Landgericht München I dazu verurteilt, einer Käuferin den Großteil des Kaufpreises für einen Tesla Model X zurückzuerstatten (ca. 110.000 €). In einem technischen Gutachten wurde festgestellt, dass FSD Fehlbremsungen auslöse sowie Probleme im Baustellenbereich habe.

(2) FDS ist ein rein video-basiertes System 
Mit der „Video-Only“-Strategie für FSD steht Tesla weltweit allein da. Andere Hersteller setzen beim Autonomen Fahren ab Level 3 auf zusätzliche, redundante Sensoren wie Radar und Lidar, die die Schwächen von Video-Kameras bei schlechtem Wetter (Nebel, tiefstehende Sonne, etc.) kompensieren. 

Dieses Sparen an der Sensortechnik ist vor allem deshalb um so bemerkenswerter, weil der Anspruch an FSD seitens Elon Musk extrem hoch ist: Jeder Besitzer eines Tesla soll zukünftig seinen Tesla als Level-5-Fahrzeug an Dritte vermieten können, wenn denn die Software von FSD so weit entwickelt und auf allen Tesla-Fahrzeugen per Over-the-Air-Update ausgerollt worden ist.  

(3) Allgemeine Qualitätsprobleme
Von Beginn an gab es Qualitätsprobleme bei Tesla, die auf Probleme in der Produktion schließen lassen. Dazu zählen schlechte Spaltmaße, Heckdeckel, die beim Schließen auf die lackierte Stoßstange stoßen (Model 3) und den Lack abplatzen lassen und ähnliches. Bei der Produktion des Modell X hat sich Tesla fast finanziell ruiniert, weil die Montage der hinteren Flügeltür im Fließbandbetrieb so schwierig war, dass lange Zeit nur sehr wenige Modelle gebaut werden konnten. In einem aktuellen TV-Bericht beschwert sich ein Fahrer über Kunststoffablösungen am Lenkrad seines teuren und erst wenige Monate alten Modells vom Type Model S Plaid.

(4) Verzögerungen bei neuen Modellen
Der meistverkaufte Autotyp in den USA sind die sogenannten Light-Trucks bzw. Pick-ups, die vor allem in den Flyover States, also dem Kernland der USA, abseits der elitären Ost- und Westküste, gefahren werden. Ford führt seit Jahrzehnten dieses Feld mit seiner F-Serie an und hat gute Chancen, auch mit der elektrifizierten Version erfolgreich zu sein, weil sich der Cybertruck von Tesla sehr verzögert hat und wahrscheinlich mit seinem extremen Design nicht den Geschmack des Durchschnittsamerikaners treffen wird.

Die Zukunft von Tesla

Wie sieht die Zukunft von Tesla aus? Lässt sich der Erfolg einfach so fortschreiben? Auch wir haben in unserer Redaktion keine Glaskugel zur Hand. Klar ist, dass der Wettbewerb für Tesla insbesondere durch die vielen neuen chinesischen Elektroauto-Start-ups, aber auch durch die etablierten Hersteller härter wird.

Im Bereich des Elektroantriebs holen alle Wettbewerber auf, manche Hersteller wie z.B. BYD haben Tesla bereits eingeholt. 

Den größten Vorsprung hat Tesla sicherlich im Bereich im Bereich der Hardware- und Software-Entwicklung, hier ist Tesla gegenüber vielen anderen Unternehmen mindestens zwei Jahre voraus. 

Aber auch in diesem Bereich haben die chinesischen Hersteller massiv aufgeholt, was durch die geplanten Kooperationen von VW und Audi mit Xpeng (VW), Leapmotor (VW) und IM Motors (Audi) eindrucksvoll demonstriert wird.     

Es bleibt also spannend, wie sich Tesla weiterentwickelt. Eines steht aber definitiv schon heute fest:

Elon Musk ist der Unternehmer, der der Automobilindustrie einen entscheidenden Impuls in Richtung einer nachhaltigeren und CO2-ärmeren Mobilität gegeben hat.