BEV-Start-ups

BYD-Modell Han
(Mit freundlicher Genehmigung/Courtesy of BYD Europe B.V. [Homepage])

Management Summary

Elon Musk hat durch seinen Erfolg mit Tesla eine Tsunami-Welle von Elektroauto-Neugründungen ausgelöst. Eine Vielzahl neuer Unternehmen wurden weltweit von ehrgeizigen Entrepreneuren neu ins Leben gerufen, in vielen Fällen als direkte Reaktion auf den Erfolg von Tesla. 

Bemerkenswert dabei ist, dass China im Bereich der BEV-Start-ups die USA – das Mutterland der Start-up-Kultur – überholt hat. Zu den erfolgreichsten Unternehmen mit in 2022 mehr als 120.000 verkauften Fahrzeugen gehören BYD, Hozon, Li Auto, NIO und Xpeng

BYD und Li Auto konnten ihr starkes Wachstum auch in 2023 fortsetzen, beide Unternehmen zeichnen sich durch eine solitäre Technologiestrategie aus. 

BYD ist weltweit das einzige Unternehmen mit einer vollständigen Kontrolle der Batterie-Wertschöpfungskette: Zelle, Pack und Batterie entwickelt und produziert das Unternehmen in Eigenregie. Natürlich steht BYD damit auch im Wettbewerb mit Zell-Herstellern wie CATL, die potentiell durch höhere Stückzahlen Zellen und Batterien zu günstigeren Kosten produzieren können.

Li Auto produziert bisher ausschließlich Modelle mit Range-Extender und ist damit im chinesischen Heimatmarkt überraschend erfolgreich. Für den Export sind diese Fahrzeuge allerdings weniger geeignet. Li Auto hat aber bereits angekündigt, zukünftig auch BEV-Modelle entwickeln zu wollen. 

Hozon Auto setzt bisher auf eine asiatische Wachstumsstrategie, Produktionswerke sind u.a. in Thailand geplant. Mittelfristig ist auch der Export nach Europa vorgesehen. 

NIO und Xpeng haben bereits den Export nach Europa gestartet. 

Für Aufsehen sorgte im Juli 2023 die Nachricht über eine strategische Zusammenarbeit von VW und Xpeng, die auch eine finanzielle Beteiligung von VW an Xpeng mit knapp 5% beinhaltet. Auf der technologischen Basis des Xpeng G9 sollen 2 BEV-Fahrzeuge entwickelt werden.

Auch in den USA gibt es viele BEV-Start-ups, allerdings sind diese bisher – wenn man von Tesla absieht – bei weitem nicht so erfolgreich wie die chinesischen Neugründungen. Keines der US-Unternehmen erreicht bzgl. der in 2022 ausgelieferten Fahrzeuge auch nur annährend die Stückzahl von BYD und Co.

Rivan konnte in 2022 immerhin 25.000 Modelle absetzen und besetzt mit seinem Modell R1T das in den USA so wichtige Segment der Light Trucks. Mit Amazon verfügt Rivian über einen finanzstarken Investor und Auftraggeber für seine Lieferfahrzeuge. 

Lucid produzierte in 2022 knapp 7200 Fahrzeuge und hat mit dem saudi-arabischen Staatsfonds auch einen mächtigen Partner an der Seite. 

Für beide Unternehmen ist Wachstum in den kommenden Jahren überlebenswichtig, um die Gewinnzone zu erreichen.  

Auch in Europa gibt es einige BEV-Start-ups, bis auf wenige Ausnahmen sehen wir aber nur geringe Erfolgschancen für die Neugründungen. 

Zu diesen Ausnahmen zählt auf jeden Fall das kroatische Start-up Rimac Automobili, das mit seinen Supersportwagen Nivera eine exklusive Nische besetzt. Das Fahrzeug ist auch ein Technologiedemonstrator, der das extrem hohe Know-How von Malte Rimac und seinem Team darstellt. Mit Porsche verfügt Rimac zudem über einen sehr kompetenten und finanzstarken Investor.  

BEV-Start-ups aus China

Abb. 1 – BYD Dolphin and Seal    |    Hozon Auto Neta U Pro   |   Li Auto Li I7   |   NIO ET7   |   Xpeng G9
(Mit freundlicher Genehmigung/Courtesy of  (1) BYD Europe B.V.  (2) Hozon New Energy Automobile Co.,Ltd.  (3) Li Auto Inc.  (4) NIO Deutschlang GmbH  (5) Xpeng Inc.

BYDHozon Auto (Neta)Li AutoNio and Xpeng in China zu den erfolgreichsten Start-ups, alle 5 Firmen haben in 2022 im Monatsdurchschnitt mehr als 10.000 Fahrzeuge verkauft (Abb. 1).

BYD war außerhalb Chinas bisher nur wenigen westlichen Autoexperten geläufig. Spätestens seitdem das Unternehmen in Q1/2023 mit rund 484.500 verkauften Fahrzeugen mit Volkswagen den langjährigen Marktführer in China überholt hat, ist die Firma in aller Munde. Bereits 1995 als kleine Batteriefirmen gestartet, hat sie sich über den Zukauf einer Autofirma zum größten Hersteller von Elektrofahrzeugen entwickelt. 

Im März 2022 wurde die Produktionen von reinen Verbrennern eingestellt, d.h. BYD fokussiert sich seitdem auf reine Elektrofahrzeuge (BEV) bzw. Plug-In-Hybride (PHEV). BYD ist aktuell das einzige Automobilunternehmen, das die Zellen, das Pack und die Module der HV-Batterie komplett selbst entwickelt und produziert. 

Hozon Auto vertreibt seine Modelle unter der Marke Neta bisher nur in Asien und ist daher in Deutschland vergleichsweise unbekannt. In Summe lieferte Hozon Auto in 2022 mehr als 152.000 Fahrzeuge aus, damit liegt das Unternehmen noch deutlich vor den hierzulande wesentlich bekannteren Start-ups NIO und Xpeng. 

Technologisch ist Hozon Auto eng mit CATL verbunden, der Zell-Lieferant ist seit 2021 auch finanziell an dem Unternehmen beteiligt. Im März 2023 gab Hozon Auto den Aufbau eines Produktionswerks in Bangkok/Thailand bekannt, dies wäre das erste Werk außerhalb von China. Weitere Werke in Nahost und Europa sind in Planung.

Der rasante Erfolg von Li Auto illustriert die hohe Dynamik in der chinesischen Automobilindustrie. Erst 2015 gegründet, wurde bereits 2019 das erste Modell auf der Shanghai Motor Show vorgestellt. Der Vertrieb startete in 2020 mit ~32.000 Fahrzeugen und vervierfachte sich innerhalb von 2 Jahren auf ~132.000 verkaufte Fahrzeuge. In Q1/2023 überholte Li Auto mit ~52.500 Einheiten die beiden bekannteren Start-ups NIO und XPeng. 

Interessant dabei ist, dass Li Auto bisher ausschließlich sogenannte Range-Extender-Modelle herstellt, d.h. die Fahrzeuge haben einen Verbrennungsmotor an Bord, der bei leerer Batterie als Stromgenerator genutzt wird. Im Gegensatz zu einem Plug-In-Hybrid gibt es dabei keinen mechanischen Durchgriff vom Verbrennungsmotor zu den Antriebsrädern. 

Auf der Shanghai Motor Show 2023 gab Li Auto bekannt, dass bis 2025 5 neue BEV-Modelle auf den Markt kommen sollen, damit verlässt Li Auto die bisherige Range-Extender-Only-Strategie.

NIO zählt seit dem Start des Europavertriebs in 2022 zu den prominenteren chinesischen Start-ups, Zielmärkte sind zunächst Dänemark, Deutschland, Niederlande, Norwegen und Schweden. Der charismatischer Gründer William Li hat in China den Status eines Popstars, auf Messen wird er regelmäßig um Selfies und Autogramme gebeten. 2014 gestartet, verkaufte NIO bereits ~122.000 Fahrzeuge in 2022. 

Zu den Besonderheiten gehört das Batteriewechselkonzept, mit dem NIO ein Alleinstellungsmerkmal besitzt. In Tauschstationen können leere Batterien durch volle ersetzt werden, der Tausch funktioniert vollautomatisch in nur 5 Minuten. In China gibt es bereits mehr als 1100 Wechselstationen, an denen täglich bis zu 30.000 Tauschvorgänge durchgeführt werden. Auch in Deutschland sollen Tauschstationen in Kooperation mit EnBW aufgebaut werden.

Der Lebenslauf des Xpeng-Gründers weist starke Ähnlichkeiten mit dem von Elon Musk auf: mit dem Verkauf seines sehr erfolgreichen Internet-Start-ups UCWeb an Alibaba wurde He Xiaopeng zum Selfmade-Millionär. Er gehörte zu den ersten Kunden in China, denen ein Tesla Model S ausgeliefert wurde. Dieses Fahrzeug beeindruckte hat ihn so nachhaltig, dass er 2014 beschloss, selbst in den Automobilbau einzusteigen. 

2022 verkaufte Xpeng ~120.750 Fahrzeuge, 2023 soll auch der Vertrieb in Europa starten, und zwar zunächst in Dänemark, Norwegen, den Niederlanden und Schweden. 

Für Überraschung sorgte die Nachricht über eine strategische Zusammenarbeit von VW und Xpeng, die auch eine finanzielle Beteiligung von VW an Xpeng mit knapp 5% beinhaltet. Auf der technologischen Basis des Xpeng G9 sollen 2 BEV-Fahrzeuge entwickelt werden.  

Abb. 2 – Leapmotor C01    |   Human Horizons HiPhi X  |   AI-WAYS U6   |   BeyonCa GT Opus 1
(Mit freundlicher Genehmigung/Courtesy of  (1) Zhejiang Leapmotor Technology Co., Ltd.  (2) Human Horizons (Shanghai) Connectivity Technology Co., Ltd.  (3) Aiways Automobile Europe GmbH  (4) BeyonCa Information Technology Co., Ltd.)  

Leapmotor, Human Horizons und AI-WAYS blieben in 2022 noch unter der Schwelle von 120.000 verkauften Fahrzeugen, bei BevonCa startet die Produktion erst in 2024 (Abb 2). 

Leapmotor wurde im Jahr 2015 gegründet, für Aufmerksamkeit sorgte 2018 die Ankündigung des Einsatzes des ersten in China entwickelten KI-Chip. Dieser wurde speziell für das autonome Fahren und ähnliche Deep-Learning-basierte Assistenzsysteme entwickelt. 2022 verkaufte das Unternehmen bereits ~111.000 Fahrzeuge. 

Leapmotor ist nach eigenen Angaben der erste Hersteller, der das sogenannte Cell-to-Chassis-Konzept in dem Modell C01 umsetzt. Dabei werden die Zellen nicht mehr in ein separates Batteriegehäuse gepackt, sondern die Batterie wird selbst ein Teil der Karosserie. Der Kleinwagen T03 wird mittlerweile auch in Frankreich vertrieben. 

Im Juli 2023 wurde bekannt, das Leapmotor vermutlich mit Volkswagen Verhandlungen über die Lizenzierung seiner BEV-Plattform führt. VW möchte die Leapmotor-Technologie zukünftig für die chinesische Submarke Jetta nutzen.     

Human Horizons startete erst 2017, Gründer ist der ehemalige GM-China-Manager Ding Lei. Mit seinen Modellen, die unter dem Markennamen Hiphi vertrieben werden, adressiert das Unternehmen eindeutig das Premiumsegment. 

Das Modell HiPhi X nimmt deutliche Anleihen beim gleichnamigen Modell von Tesla, inklusive der hinteren Flügeltüren. Der Hiphi Z ist eine viertürige GT-Limousine mit einer 120-kWh-Batterie, die KI-Software für die Assistenzsysteme wird zusammen mit Microsoft entwickelt. Für beide Modelle ist eine Zulassung in Europa geplant, der TüV Süd ist mit der Homogolation beauftragt.   

Auch AI-WAYS wurde erst 2017 gegründet, bereits 2020 startete der Vertrieb in Deutschland. Der Verkauf erfolgt in Deutschland über die AI-WAYS-Webseite (Direktvertrieb) und über den Elektronik-Händler Euronics. Das Vertriebskonzept scheint zumindest Deutschland nicht sehr erfolgreich, bis Juni 2022 wurden  erst ~1200 Fahrzeuge ausgeliefert.  

BeyonCa startete erst 2022, Gründer ist der ehemalige Renault-China-CEO Soh Weiming. Firmenstandorte sind u.a. ein Hauptquartier in Peking, ein Designzentrum in München sowie ein Entwicklungsstandort für Künstliche Intelligenz in Singapur. Erstes Produkt ist eine Premium-Limousine namens GT Opus 1 mit 800 V Betriebsspannung und einer HV-Batterie mit 130 kWh, bezüglich der Spaltmaße will man sich an deutschen Premium-Herstellern orientieren, die man auch als Hauptwettbewerber identifiziert hat. Serienproduktion und Vertrieb sollen 2024 starten.

BEV-Start-ups aus den USA

Abb. 3 – R1T von Rivian    |   Endurance von Lordstown Motors
(Mit freundlicher Genehmigung/Courtesy of  (1) Rivian Automotive, Inc.  (2) Lordstown Motors Corp

In den USA sind die BEV-Start-ups – gemessen an den in 2022 ausgelieferten Fahrzeugen – bisher längst nicht so erfolgreich wie ihre Wettbewerber in China, Tesla ausgenommen. 

Interessant ist auch, dass mit Rivian Automotive nur noch ein Start-up das für den US-Markt so wichtige Light-Trucks-Marktsegment besetzt, nachdem das 2. Start-up in diesem Segment – Lordstown Motors – im Juni 2023 Insolvenz angemeldet hat.

Hier existiert noch eine Chance für Newcomer, da sich die Produktion des Tesla Cybertruck immer weiter verzögert und dieser mit seinem extremen Design wahrscheinlich auch nicht den Geschmack des Durchschnittsamerikaners treffen wird. 

Dieses Fenster wird sich aber schließen, sobald es den etablierten Unternehmen wie Ford und GM gelingt, hier Fuß zu fassen. Ford scheint dies mit dem Modell F150 Lightning, zu gelingen, aktuell kann die Produktion mit der enormen Nachfrage nicht Schritt halten.    

Rivian Automotive wurde bereits 2009 gegründet, durch das Investment von Amazon wurde die Firma einem breiteren Publikum bekannt. Zur Produktpalette gehören der Light Truck R1T, das SUV R1S sowie ein Transporter, der speziell für Amazon entwickelt wurde. Alle 3 Modelle basieren auf der gleichen Antriebsplattform, die verschiedene Antriebskonfigurationen ermöglicht. Im Maximalausbau wird jedes Rad von einem eigenen, radnahen E-Motor angetrieben. 

2022 hat das Unternehmen knapp 25.000 Fahr­zeuge in den USA verkauft. Der R1T hat 2022 in der Kategorie der Premium Battery Electric Vehicles den J.D. Power Preis für „for (the) most satisfying ownership experience“ gewonnen.

Lordstown Motors wurde 2018 gegründet, im Juni 2023 hat Lordstown Motors Insolvenz angemeldet und Gläubigerschutz beantragt. 

Das erste und einzige Modell ist ein typisch amerikanischer Light Truck namens Endurance (Ausdauer) mit 5,8 m Länge. Das besondere an Fahrzeug ist, dass alle 4 Räder von einem sogenannten Radnabenmotor angetrieben werden, d.h. der Motor sitzt in der Radnabe im Reifen. 

Ein Radnabenmotor ist nicht mit einem radnahen Motor zu verwechseln, wie er z.B. beim Rivian R1T zum Einsatz kommt. Ein radnaher Motor ist am Fahrwerk montiert, das Rad wird über eine Welle angetrieben, der Motor gehört damit nicht zu den ungefederten Massen

Beim Enduarance sitzt der Motor im Rad und ist Teil der ungefederten Massen. Diese sind beim Endurance aufgrund des Gewichts des Elektromotors ungefähr doppelt so hoch wie bei einem vergleichbaren Fahrzeug. Der Gründer und CEO von Lordstown, Steve Burn, hat explizit bestätigt, dass das hohe Gewicht die Entwicklung des Feder-Dämpfer-Systems erschwert hat. 

Lieferant des Radnabenmotors ist die slowakische Firma Elaphe.

Nach einer Produktion von 31 Fahrzeugen wurde die Produktion im Februar 2023 wegen Qualitätsproblemen unterbrochen, ein bekanntes deutsches Automagazin stellte die Zukunft von Lordstown Motors bereits zu diesem Zeitpunkt in Frage.

Abb. 4 – Lucid Air    |   Faraday Future FF 91   |   Fisker Ocean   |   Mullen FIVE   |   Deloraen Alpha5
(Mit freundlicher Genehmigung/Courtesy of   (1) Lucid Group, Inc..  (2) Faraday&Future Inc.  (3) Fisker, Inc.. (4) Mullen Automotive, Inc.  (5) DeLorean Motors Reimagined LLC)   

Lucid MotorsFaraday FutureFisker und Mullen Technologies entwickeln klassische Limousinen und SUVs, Delorean versucht ein batterie-elektrischen-Revival des gleichnamigen Flügeltüren-Klassikers aus der Hollywood-Trilogie „Zurück in die Zukunft“ (Abb. 4).

Lucid Motors wurde bereits 2007 als Lieferant für Komponenten wie Batterie und E-Motor gegründet. Mit dem Einstieg von Peter Rawlinson erfolgte ein Strategiewechsel hin zu einem vollwertigem Fahrzeughersteller. 

Bei Tesla entscheidend an der Entwicklung des Tesla Model S beteiligt, nutzte Rawlinson nun die Gelegenheit, bei Lucid die technischen Konzepte umsetzen, die ihm Elon Musk immer verwehrt hatte. Dazu zählen eine sehr große HV-Batterie sowie eine ultra-kompakte Antriebseinheit. Bei einer Eigenkapitalemission im Dezember 2022 nahm Lucid 1,5 Milliarden $ ein, dabei kamen 800 Millionen $ von saudi-arabischen Investoren. In Summe halten saudi-arabische Fonds einen Anteil von ca. 62 %.  

Lucid Motors folgt der Large-Car-Large-Profit-Strategie, das erste Modell „Lucid Air“ ist eine Luxus-Limousine mit extremen Leistungsdaten wie z.B. 1111 PS, bis zu 883 km WLTP Reichweite und einer Beschleunigung von 0 auf 100 in 2,7 s. Lucid arbeitet mit einer 900-V-Architektur, die insbesondere auch ein schnelles Laden ermöglicht, für 400 km Fahrstrecke wird eine Ladezeit von 15 min angegeben. 

Im Jahr 2022 wurden 7.180 Fahrzeuge produziert, auch der Vertrieb in Europa wurde gestartet. Show-Rooms wurden u.a. in Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden eröffnet. Als nächstes Modell soll ein Premium-SUV entwickelt werden, technische Details sollen noch 2023 veröffentlicht werden. 

Auch Faraday Future verfolgt eine Premium-Strategie, das erste Modell ist ein Luxus-SUV namens FF91, der nach eigenen Angaben mit Bentley, Ferrari, Maybach und Rolls-Royce konkurrieren soll. Zu den wenigen bekannten technischen Details gehören eine Leistung von 1050 PS, eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 2,3 s sowie eine Reichweite von ca. 600 km. 

Als Luxus-SUV soll der FF91 auch einen besonderen Komfort im Innenraum bieten. So sind z.B. die hinteren Sitz in eine sogenannte Zero-Gravity-Position einstellbar, also die Position, die der menschliche Körper in Schwerelosigkeit einnimmt. Der Einstieg in die Serienproduktion wurde aufgrund finanzieller Engpässe mehrfach verschoben, soll aber jetzt in Q1/2023 in starten.

Fisker ist ein wahres Stehauf-Männchen unter den Elektroauto-Start-ups. Bereits 2007 vom ehemalige BMW-Designer Hendrik Fisker gegründet, musste die Produktion im Jahr 2012 aufgrund der Insolvenz des Zell-Lieferanten A123 wiedereingestellt werden

2016 erfolgte eine Neugründung, das erste Modell ist ein SUV namens Ocean, gefertigt wird beim Auftragsfertiger Magna. Die Produktion wurde im November 2022 gestartet, im ersten Produktionsquartal sollten ca. 300 Fahrzeuge hergestellt werden. In Summe sind für das erste Produktionsjahr ca. 42.000 Einheiten geplant, wobei der Auftragsbestand bei 63.000 Fahrzeugen liegen soll.

Mullen Technologies ist ein Start-up aus Kalifornien, das 2012 gegründet wurde. Es fällt schwer, in den Aktivitäten von Mullen Technologies eine konsistente Firmenstrategie zu erkennen. Die auf der Homepage dargestellten Modelle bilden ein Sammelsurium verschiedener Fahrzeugkategorien wie Sportwagen, Light-Truck, Truck, Van und SUV. 

Auch die Fahrzeug-Quellen sind unterschiedlich: sie sollen entweder in die USA importiert werden (Sportwagen DragonFly von Qiantu Motor), stammen aus der Entwicklungspipeline von aufgekauften Firmen (Nutzfahrzeuge der US-Fahrzeugkategorien Class 3 und 4 von Bollinger) oder sind Eigenentwicklungen (Sport-SUV Mullen FIFE). Darüber hinaus arbeitet Mullen laut eigner Webseite auch an innovativen Batterietechnologien wie Lithium-Schwefel-Zellen und Feststoff-Batterien.

Im April 2022 sah sich Mullen schweren Betrugsvorwürfen von dem Short-Seller Hindenburg Research ausgesetzt. Diese betrafen sowohl die Auftragseingänge für Fahrzeuge sowie die Forschung an Feststoffbatterien. 

Delorean ist Pkw-Hersteller mit Kult-Status, da das einzige nur zwischen 1981 und 1982 produzierte Verbrenner-Modell mit Flügeltüren in der Hollywood-Trilogie „Zurück in die Zukunft“ eine Hauptrolle spielte. Betriebswirtschaftlich gesehen war das Unternehmen ein Flop, die Nachfrage brach nach massiven Qualitätsproblemen relativ schnell ein. 

Nun ist eine Neuauflage eines Delorean als BEV-Modell geplant, es heißt ALPHA5 und soll und auch wieder über die ikonischen Flügeltüren verfügen. Über weitere technischen Details ist noch nichts bekannt. Es bleibt abzuwarten, ob der zweite Anlauf dieses Unternehmens erfolgreicher sein wird.

BEV-Start-ups aus Europa

In Europa ist die Start-up-Kultur bei weitem nicht so ausgeprägt wie in den USA oder China, dennoch gibt es auch hier einige BEV-Neugründungen.

Abb. 5 – Supercar Rimac Nivera    |   Skizze Aehra SUV-Modell
(Mit freundlicher Genehmigung/Courtesy of  (1) Rimac Automobili d.o.o.  (2) AEHRA Inc.)   

Die Firmen Rimac Autombili und Aehra positionieren sich ganz klar im Luxus-Segment (Abb. 5).

Rimac Automobili wurde vom dem kroatischen Wunderkind“ Mate Rimac in einer Hobby-Werkstatt gegründet. Das Unternehmen entwickelt und produziert im Auftrag Antriebsstrang-Komponenten wie z.B. Batterie-Systeme. Gleichzeitig baut Rimac unter der eigenen Marke batterie-elektrische Supersportwagen in Kleinserien. Die Porsche AG ist mit 24% an dem Unternehmen beteiligt.  

Aehra ist ein italienisches BEV-Start-up, welches nach eigenen Angaben italienisches Design, Weltklasse-Ingenieurwesen und amerikanischen Kundenservice vereinen möchte. Das erste Modell ist ein Premium-SUV-Coupé, der Innenraum ähnelt mit dem Volldisplay-Cockpit dem Mercedes EQS und dem Yoke-Lenkrad dem Model S Plaid von Tesla, die Produktion ist für 2025 geplant.

Fig. 6 – Liux Prototyp Animal    |   Skizze SUV Modell ARES von Olymp Cars
(Mit freundlicher Genehmigung/Courtesy of  (1) NATURAL MOVEMENT, S.L.  (2) OLYMP – Cars)   

Die Start-ups Liux und Olymp Cars entwickeln beide SUVs (Abb. 6).

Liux wurde 2021 in Spanien gegründet, die Namenswahl scheint aus unserer Sicht nicht sehr glücklich, liegt diese doch nahe an einem sehr populären Betriebssystem, was die Suche im Internet deutlich erschwert. Zu den Investoren gehören der Leasinganbieter OK Mobility sowie das spanische Industrieministerium, zur Umsetzung der Serienproduktion sind weitere Finanzierungsrunden erforderlich. 

Als erster Prototyp wurde das Modell Animal vorgestellt, ein Cross-Over aus SUV und Kombi. Interessant ist der Verzicht auf die B-Säule sowie die gegen die Fahrtrichtung angeschlagenen hinteren Türen, ob diese Konstruktion auch im Serienfahrzeug zu finden ist bleibt abzuwarten. Liux betont, dass besonders viele Komponenten des Animal aus nachwachsenden Naturharzen und Naturfasern hergestellt werden soll. Die Zahl der Bauteile soll gegenüber Vergleichsfahrzeugen um 25% sinken.

Mittlerweile scheint Liux auf ein 2-sitziges Stadtfahrzeug namens Gecko zu setzen, das äußerlich dem Smart der 1. Generation ähnelt. 

Olymp Cars ist ein BEV-Start-up aus Österreich, das als Gemeinschaftsprojekt der Firmen abo-drive und Modern Mobility GmbH gegründet wurde, die beide aus dem Bereich Flottenmanagement kommen. 

Das erste vorgestellte Modell ist ein Mittelklasse-SUV namens ARES mit 4,80 m Länge und einer geplanten Reichweite von 600 km. Weitere Pkw-Modelle sind auf der gleichen Plattform geplant, zusätzlich soll auch ein VAN namens Hermes entwickelt werden. Die Vorstellung der ersten Fahrzeugprototypen ist für das Frühjahr 2023 angekündigt. Die Produktion der Fahrzeuge soll bei Auftragsfertigern erfolgen, die Batteriezellen von chinesischen Lieferanten bezogen werden.

Fig. 7 – Ineos Grenadier (Verbrenner-Modell)    |   Munro Vehicles – MK1
(Mit freundlicher Genehmigung/Courtesy of   (1) INEOS Capital Limited   (2) ALL TERRAIN ALL ELECTRIC LTD)   

Die Firmen Ineos Automotive und Munro Vehicles wurden beide in Großbritannien gegründet und entwickeln Geländewagen im Stil des Land Rover (Abb. 7).

Ineos Automotive wurde 2016 als Reaktion auf die Produktionseinstellung des Land Rover Defender von Jim Ratcliffe, dem Gründer und Vorstand des englischen Chemieunternehmens Ineos, in England gegründet. Zusammen mit Magna entwickelte Ineo ein robusten Verbrenner-Geländewagen namens Grenadier, der seit 2022 im ehemaligen Smart-Werk in Hambach/Frankreich produziert wird. Viele Komponenten des Grenadier wie z.B. die Motoren stammen von BMW. 

In Zusammenarbeit mit Magna ist jetzt die Entwicklung eines batterie-elektrischen Geländewagen geplant, der ab 2026 auch bei Magna in Graz produziert werden soll.

Munro Vehicles ist ein schottisches Start-up für elektrische Geländewagen, das 2021 gegründet wurde. Auf dem Chassis eines existierenden Fahrzeugmodells – vermutlich ein Land Rover Defender – hat Munro einen allradgetriebenen Prototypen entwickelt, der für harte Offroad-Einsätze konzipiert ist. Dieses Fahrzeug soll nun in einer Kleinserie produziert werden. Der Basispreis für den MK_1 beträgt 49.000 Pfund, die ersten Auslieferungen sollen 2024 erfolgen.